Tatort Letzte Ernte

Foto: Christine Schroeder/NDR

Tatort im Alten Land: Wenn aus Äpfeln Birnen werden

Sonntag, 20:15 Uhr, beste Sendezeit im Ersten. Es ist Tatort-Zeit. Dieses Mal besonders für die Menschen im Alten Land, denn die Folge „Letzte Ernte“, die am 26. Oktober ausgestrahlt wurde, spielt genau dort.

Und wer jahrelang dachte, der Tatort ist dazu da, die jeweilige Region, in der die Folge spielt, in Form von Tourismusmarketing ins Rampenlicht zu bringen, der ist erst heute in der Realität erwacht.

Der Aufschrei Einzelner ließ erwartungsgemäß nicht lange auf sich warten. Doch dieser ist nichts als die Bestätigung dafür, dass die Mühlen hier in der Region noch anders mahlen – zumindest was die Denke Einzelner betrifft.

Natürlich waren viele Szenen in dem Tatort stark überspitzt. Natürlich entspricht nicht alles der Realität. Und natürlich ist der Tatort kein reiner Image-Film für die Region. Warum soll er auch? Zu behaupten, der Tatort sei schlechte Werbung für die Region, ist, als würde man die rund 8,62 Millionen Zuschauer, die am Sonntag eingeschaltet haben, wahrlich für für ziemlich blöde verkaufen. Als würde man ihnen unterstellen, jedes einzelne Wort, das im Film gesagt wird, zu glauben. Als würde ein Tatort dazu beitragen, dass keiner hier jemals wieder Urlaub machen und unsere vermeintlich mit Glyphosat bespritzten Äpfel kaufen will. Dann müssten die Tatort-Städte Münster, Kiel, München & Co. bereits menschenleer sein. Das Gegenteil ist der Fall.

Die Realität sieht nämlich ganz anders aus. Die öffentlich zugänglichen Filmkritiken beziehen sich in der Regel auf die Handlung bzw. das Drehbuch. Und hier gehen die Meinungen sehr stark auseinander – das können und sollen sie auch. Was jedoch eindeutig ist: Die Bilder, als Maria Furtwängler bei Sonnenschein auf dem Elbdeich entlang radelt oder die riesigen Apfelplantagen aus der Vogelperspektive gezeigt werden, beeindrucken. Anstatt aus Äpfeln Birnen zu machen, wäre es doch angebrachter, die positiven Dinge hervorzuheben und über die Überspitzungen zu schmunzeln. Und ganz ehrlich: so manches „Klüngeln“, wie es im Film angedeutet wurde, ist doch einfach typisch für unsere dörfliche Region. Nicht umsonst ist die Mitglieder-Dichte in den Service-Clubs à la Rotary und Lions hier höher als die Standort-Dichte von Starbucks und McDonalds in Großstädten.

Wie wäre es, stattdessen den Vorteil zu nutzen und den Touristen Filmführungen anzubieten, um die Menschen an die Drehplätze zu bringen? Das interessiert die Menschen außerhalb des Landkreises wirklich – und nicht, ob einzelne Szenen oder Handlungen überspitzt bzw. falsch sind.

Was bei der völlig unnötigen lauten Kritik vergessen wird: Auch Regisseure, Autoren und Location-Scouts sind Menschen. Sie alle werden vermutlich keine Lust haben, künftig in einer Region zu drehen, die die Wirklichkeit komplett verdreht und das Haar in der Suppe sucht. Würden die Münsteraner in dieser überzogenen Form die Abläufe und Aussagen in der Rechtsmedizin des Münsteraner Tatorts (Thiel und Boerne) kritisieren: Es würde dieses für viele geniale Duo und den Drehort sicher nicht mehr geben.

Sorry, liebe Filmemacher und lieber NDR: Wir müssen uns an dieser Stelle so richtig fremdschämen.

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